Donnerstag, 21. Januar 2016

Alle Jahre wieder ...


Vor (etwas mehr als) einigen Tagen war es wieder so weit: der Heilige Abend. Der Vorabend des Weihnachtsfestes. Das Fest der Liebe. Das Weihnachtsfest im Kreise der Familie gehört für so viele zu den schönsten Stunden des Jahres ... 




... und vor einigen Tagen hätte ich diesen Satz umgehend mit "für mich nicht" beendet, ohne genauer darüber nachgedacht zu haben. Versteht mich nicht falsch, ich mag meine Familie. Wirklich. Aber Weihnachten?! Dem ganzen - ich nenne es mal liebevoll - Spektakel, konnte ich noch nie wirklich etwas abgewinnen. Und das war schon immer so... meine ich.

Es beginnt bereits im November: 
Kaum sind die letzten Reste sich übergebender, grimassenschneidender Kürbisköpfe in der Tonne gelandet und Hexen, Monster und sonstige kleine ekelerregende Haustiere wie Fledermäuse und Spinnen in Kisten im Keller verstaut, geht das Spektakel los.

Die Tage werden kürzer und kälter, die Beleuchtung der Geschäfte heller und bunter,  das Sortiment immer ungesünder und die Einkaufspassagen nach und nach immer voller und scheinbar immer enger. Man könnte es "alle rücken etwas zusammen" nennen, sofern man etwas positives an den allmählich überfüllten Kaufhäusern finden möchte - es ist ja das Fest der Liebe. Muss man aber nicht. Alle sind bereits auf der Jagd nach dem Besten für die/den Liebste/n. Und es ist November ... NOVEMBER!

Die Lage spitzt sich zu, sobald der Rahmen der Einkaufspassagen gesprengt zu sein scheint: Das Ganze wird nun auch außerhalb der Geschäfte und Passagen zelebriert. Buden soweit das Auge reicht. Es ist kein Schritt mehr möglich, ohne den Geruch von Bratwurst, Glühwein und Süßkram in sämtlichen Variationen in der Nase zu haben... oder ohne angerempelt zu werden. Eine nur_mal_eben_schnell Besorgung wird zum gefühlten Tagesausflug mit Aggressionspotential. 

Um so näher dann der 24. rückt, um so hektischer wird das Ganze... und das nicht nur in der Außenwelt. Die Frage nach dem "Wo feiern" steht im Raum. Da sind die Eltern, die ihr Kind am Heiligen Abend natürlich gerne bei sich haben wollen. Da sind vielleicht sogar zwei getrennt lebende Elternteile, die alleine diese Entscheidung erschweren. Dann gibt es da vielleicht noch die Schwiegereltern, die natürlich auch nicht immer die zweite Geige spielen wollen. Und mal rein in der Theorie: sind diese auch getrennt lebend, dann wird es schon kompliziert. Und mal weiter rein theoretisch: Du hast ein Kind mit deinem Expartner und bist neu liiert, wen gilt es da abzuklappern? Richtig: Den Expartner; zwei Mal Großeltern - ggf. getrennt lebend, macht also vier Mal Großeltern; die Schwiegereltern und die Großeltern der neuen Liebe, Geschwister, Tanten und Onkels sowie Freunde ....herzlichen Glückwunsch ... die Liste der zu Besuchenden wird endlos lang. Unlösbar.

Wenn auf die Frage nach dem "Wo feiern" irgendwie eine Antwort gefunden wurde, der nächste Schreck: WAS soll ich in diesem Jahr schenken... 

Gehen wir die Liste doch einmal durch: 
Großeltern. Was in aller Welt schenkt man Menschen, die eigentlich alles haben?! Immer die gleiche Flasche Doppelherz oder das überdimensional große Marzipanbrot...? Und mal ganz ehrlich: jedes Jahr ein neues hübsches Foto von sich selbst macht aus der Wohnung der Großeltern irgendwann eine Ausstellung über das eigene Leben... Will man das? 
Dann sind da die (Schwieger-) Eltern. Mutti wünscht sich vielleicht etwas zum Entspannen. Badesalz tut es vielleicht in einem Jahr und dann? Dem Vater ein nette Flasche irgendwas geschenkt. Und im nächsten Jahr wieder? Was für eine Überraschung... 
Dann kommen die Geschwister. Die Geschwister, die mittlerweile in anderen Städten wohnen, ihr eigenes Leben führen. Von deren Leben man im Grunde genommen nur noch die Umrisse kennt. Was die da wirklich treiben...keine Ahnung. Also kommt auch da das Verallgemeinern in Frage: Das Foto von diesem Jahr, eine nette Flasche irgendwas oder doch das Lieblingsparfüm von vor drei Jahren...aber ist es das auch noch?
Am einfachsten sind da noch die Kinder zu beschenken...tippt es gerade aus meinen Fingern. Und wenn man mal genau darüber nachdenkt, ist das auch eine Wissenschaft für sich. Klamotten - nein. Davon hat so ein Zwerg eher nichts. Also was zum Spielen. Ok, was ist denn gerade angesagt? Vor einem halben Jahr waren es noch irgendwelche süßen Pferdchen, heute soll es denn doch eher die Puppe sein?! Und ist das denn so erwählte Spielzeug auch förderlich? Wir wollen ja nicht, dass das Kind nicht gefördert wird. 
Geschenke finden: Eine Wissenschaft für sich!

So, und irgendwie lösen wir jedes Jahr auf´s Neue diese unlösbaren Probleme: Entscheiden uns für einen Ort zum feiern, haben Terminpläne auf die Sekunde genau ausgearbeitet um keinen anderen zu kurz kommen zu lassen, haben irgendwelche (unsinnigen) Geschenke in letzter Minute ergattert und stürzen uns voller "es ist Weihnachten, lächeln" Mentalität in den 24. Dezember hinein. 

Und ganz ehrlich: NEIN, für mich ist Weihnachten bis dahin alles andere als die Schönste Zeit des Jahres. 

Und dann kommt der 24. Dezember. 

Man sitzt mit seinen Liebsten beisamen. Alle reden chaotisch durcheinander, die Oma beschwert sich über die Lautstärke, Opa erzählt schon wieder die Standard-Arbeitsgeschichten, worüber die Oma sichtlich verärgert ist, die Kleinsten wollen einfach nur von jedem Aufmerksamkeit und das sofort, sonst gibt es Gebrüll, aus der Nachfrage, ob vom anderen Ende des Tisches ein Windbeutel gereicht werden kann, entsteht eine neue olympische Disziplin im Windbeutelweitwurf... die angesichts des Windbeutels IM Weihnachtsbaum dringend noch weiter trainiert werden sollte... und eigentlich würde man selbst am liebsten einfach kurz mal schreien... 

Mit einem Lebkuchen in der Hand in die hinterste Ecke der Couch zurückgezogen, beobachte ich dieses Spektakel und stelle fest: Doch, es ist die schönste Zeit im Jahr - genau in diesem Moment. GENAU dieses chaotische Spektakel ist das, was alles so wunderbar macht. 

Wir alle haben dieses eine Bilderbuch, das Bilderbuch, dass sich von Kindheit an mit Bildern von Träumen füllt... und so sieht Weihnachten in meinem Bilderbuch aus: Ein riesiger Esstisch mit meiner ganzen Familie und all meinen lieben Freunden. Ja, dass will ich und das finde ich schön. Chaotisch schön. Lebendig. Und irgendwann in meinem Leben werde ich diesen riesigen Esstisch besitzen!

Also komme ich zu dem Schluss: Ich mag Weihnachten irgendwie doch... und wenn wir mal ganz ehrlich sind, auch auf das Theater drum herum wollen wir doch eigentlich gar nicht verzichten.